Miriam Sinnhuber (KIT Karlsruhe)
Untersuchungen zum Einfluss von geomagnetischer Aktivität auf Zusammensetzung und Zirkulation der Thermosphäre und deren Kopplung in die mittlere und obere Atmosphäre
Neuere Forschungsergebnisse legen nahe, dass Ozon in der mittleren Atmosphäre (10 bis 90 km) von der oberen Atmosphäre beeinflusst werden kann, und zwar aufgrund des Absinkens von NOx (N, NO, NO2) aus Quellregionen in der unteren Thermosphäre (90 bis 120 km) im polaren Winter. Da Ozon eine der wesentlichen wärmestrahlungsaktiven Substanzen in der mittleren Atmosphäre ist, können Änderungen im Ozongehalt Temperaturen und Zirkulation der Atmosphäre bis zum Erdboden herunter beeinflussen. Da die Stärke dieser thermosphärischen Einbrüche mit der geomagnetischen Aktivität variiert, stellen diese winterlichen NOx-Zunahmen im Prinzip einen weiteren Mechanismus für den möglichen Einfluss der solaren Schwankungen auf das Klimasystem dar. Derzeit sind gängige Chemie-Klimamodelle aber nicht in der Lage, die Quellregion des NOx in der unteren Thermosphäre und den Transport in die mittlere Atmosphäre im polaren Winter realistisch zu beschreiben. Um diese Kopplung von der oberen Atmosphäre in die mittlere und untere Atmosphäre in den Modellen realistisch darzustellen, ist eine umfassende Darstellung der Quellregion in der unteren Thermosphäre notwendig, in der die grundlegenden Prozesse bezüglich der geomagnetischen Aktivität in hohen Breiten beschrieben werden: Änderungen der chemischen Zusammensetzung durch auftreffende Elektronen aus der Aurora, Joule’sche Erwärmung und das daraus folgende Abkühlen von erhöhtem NO im infraroten Spektralbereich sowie die Anregung von Schwerewellen. Da in der unteren Thermosphäre in hohen Breiten angeregte Schwerewellen sich bekanntlich sowohl in Richtung des Äquators als auch nach oben ausbreiten, kann der letztgenannte Prozess auch einen Einfluss auf die Umgebung von Satelliten in niedrigen Orbits (LEO) haben. In diesem Projekt werden wir für diese Aufgabe das gekoppelte Chemie-Klimamodell xEMAC verwenden, das für die Gültigkeit bis in die untere Thermosphäre wie folgt erweitert werden kann: In Kooperation mit der Jacobs University Bremen werden Joule’sche Erwärmung und Partikeleinfall als räumliche und zeitliche Inputparameter durch Messungen der Swarm-Satelliten zur Verfügung gestellt.
Sowohl geomagnetisch ruhige als auch sehr aktive Zeiten werden untersucht. Das Modell wird im Rahmen dieses Projektes weiter nach oben erweitert werden, um voraussichtlich in der zweiten Phase des SPPs auch den Einfluss auf die Umgebung von Satelliten zu untersuchen. Die Modellergebnisse sollen wo möglich durch Beobachtungen validiert und analysiert werden, um den Einfluss von Joule’scher Erwärmung und Teilchenniederschlag auf die chemische Zusammensetzung, Temperatur und Zirkulationsströme der unteren Thermosphäre sowie deren Kopplung in die untere und mittlere Atmosphäre einerseits sowie in die obere Atmosphäre andererseits zu untersuchen. Ziel dieses Projektes ist es, das Verständnis von Sonne-Klima-Kopplung und die Darstellung der beteiligten Prozesse in Chemie-Klimamodellen zu verbessern, sowie den Druck der solaren Partikelstrahlung und der geomagnetischen Aktivität auf die Umgebung von Satelliten zu untersuchen.