Michael Schmidt, Urs Hugentobler (Technische Universität München), Jürgen Kusche (Universität Bonn), Claudia Stolle (GFZ Potsdam)

Entwicklung hochgenauer Thermosphärenmodelle zur verbesserten präzisen Bahnbestimmung von niedrig fliegenden Satelliten (TIPOD)

Die Bewegung eines Satelliten wird durch gravitative und nicht-gravitative Beschleunigungen bestimmt. Eines der Hauptprobleme bei der präzisen Bahnbestimmung niedrig-fliegender Satelliten und Weltraumschrott ist die Modellierung der thermosphärischen Reibung, da sie bei Flughöhen unter 1000 km den größten Anteil an der nicht-gravitativen Beschleunigung ausmacht. Beispielsweise liegt diese Störbeschleunigung bei einer Satellitenhöhe von 350 km ungefähr in der Größenordnung der durch die Erdabplattung hervorgerufenen gravitativen Beschleunigung. Im Fall der Swarm-Satelliten mit einer Flughöhe von circa 460 km würde die Nichtberücksichtigung der thermosphärischen Reibung einen Fehler von ungefähr drei Metern pro Satellitenumlauf entlang des Orbits verursachen. Die präzise Kenntnis der thermosphärischen Reibung ist in vielen geowissenschaftlichen Anwendungen, z.B. der Fernerkundung, der Satellitenaltimetrie oder der Satelliten-Schwerefeldmissionen, von besonderer Bedeutung, da dort Satellitenbahnen mit einer Genauigkeit von wenigen Millimetern benötigt werden. Aktuelle empirische Thermosphärenmodelle basieren zumeist auf Daten aus Zeiten anderer solarer Bedingungen und weisen daher häufig nur eine sehr begrenzte Genauigkeit auf. Deren Verwendung kann daher zu einem signifikanten Genauigkeitsverlust bei der Satellitenbahnbestimmung führen. Folgerichtig zielt TIPOD auf eine Verbesserung der Bahnbestimmung für niedrig-fliegende Satelliten durch die Nutzung weiterentwickelter hochpräziser Thermosphärenmodelle ab. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen Beobachtungen verschiedener Satelliten-Tracking-Verfahren (SLR, GNSS und DORIS) in ein physikalisches Thermosphären-Ionosphären-Kopplungsmodell assimiliert werden. Da diese Daten allerdings in Bezug auf Verteilung und Genauigkeit sehr inhomogen sind, wird im ersten Projektabschnitt ein empirisches Thermosphärenmodell zwischen die Beobachtungsebene und dem physikalischen Modell geschaltet. Nach einer durchgeführten Kalibrierung des empirischen Modells werden die erzielten Modellergebnisse anschließend im zweiten Projektabschnitt in das physikalische Modell assimiliert. TIPOD adressiert zwei wichtige wissenschaftliche Fragestellungen: (1) Wie gut kann das physikalische Modell das empirische Modell im Zeitraum aktueller Satellitenmissionen, wie z.B. GRACE oder Swarm, wiedergeben und (2) inwieweit kann die Satellitenbahnbestimmung durch die Nutzung der in TIPOD entwickelten Thermosphärenmodelle (empirisch und physikalisch) verbessert werden. Schlussendlich ist es das Ziel von TIPOD, die Eingangsdaten direkt ohne den Zwischenschritt der empirischen Modellierung in das physikalische Modell, d.h. hier TIE-GCM, zu assimilieren, um anschließend das aufdatierte Modell zur verbesserten Bahnbestimmung verwenden zu können. Die in TIPOD erzielten Ergebnisse, z.B. für die Swarm-Satellitenbahnbestimmung, sollen Nutzern über die IAG/GGOS Focus Area 4 zur Verfügung gestellt werden.