Manfred Ern (Forschungszentrum Jülich)

Effekte durch Schwerewellen in der Thermosphäre/Ionosphäre infolge von Aufwärtskopplung

Das Thermosphären/Ionosphären (T/I) System wird sowohl von oben (solar, geomagnetisch), als auch von unten beeinflusst. Einer der wichtigsten Prozesse von unten sind Wellen (z.B. planetare Wellen, Gezeiten, oder Schwerewellen), die größtenteils in der Troposphäre bzw. an der Tropopause angeregt werden. Aufgrund der vertikalen Ausbreitung der Wellen findet dadurch eine Kopplung der T/I mit der unteren und mittleren Atmosphäre statt. Vor allem der Einfluss von Schwerewellen (GW) ist hierbei noch weitestgehend unerforscht. Einer der Gründe hierfür ist, dass GW in horizontaler Richtung sehr kleinskalig sind (einige zehn bis zu wenigen tausend km), was sowohl für Beobachtungen als auch für die Modellierung eine Herausforderung bedeutet. Wir werden GW-Verteilungen in der T/I aus verschiedenen in situ Satelliten-Datensätzen ableiten (z.B. aus gemessenen Neutralgas- und Elektronendichten). Hierfür werden Datensätze der Satelliten(-konstellationen) SWARM, CHAMP, GOCE und GRACE verwendet. Daraus sollen charakteristische globale Verteilungen abgeleitet und die wichtigsten zeitlichen Variationen (z.B. Jahresgang, Halbjahresgang und solarer Zyklus) untersucht werden. Diese GW-Verteilungen werden dann mit von den Satelliteninstrumenten HIRDLS und SABER gemessenen Datensätzen (GW-Varianzen, -Impulsflüssen und -Reibungskräften) in der Stratosphäre und Mesosphäre verglichen. Einige Datensätze (CHAMP, GRACE, SABER) umfassen einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren. Räumliche und zeitliche Korrelationen zwischen den GW-Verteilungen in der T/I (250-500km Höhe) und denen in der mittleren Atmosphäre (Stratosphäre und Mesosphäre) für den gesamten Höhenbereich zwischen 20 km und 100 km werden untersucht. Diese Korrelationen sollen Aufschluss darüber geben, welche Höhenbereiche und Regionen in der mittleren Atmosphäre den stärksten Einfluss auf die GW-Verteilung in der T/I haben. Insbesondere können die einzigartigen Beobachtungen der GW-Reibungskräfte von HIRDLS und SABER weiteren Aufschluss darüber geben, ob sekundäre Schwerewellen, die vermutlich aus Regionen mit starker GW-Dissipation emittiert werden, signifikant zu den globalen Schwerewellen-Verteilungen in der T/I beitragen. Zusätzlich wird der Versuch unternommen, sowohl GW-Impulsfluss als auch GW-Reibungskräfte aus den in-situ Messungen in der T/I abzuleiten. Solche Datensätze sind von besonderem Interesse für einen direkten Vergleich mit Modellen für GW-Verteilungen in der T/I, die durch CGM (general circulation model)-Simulationen gewonnen wurden. Diese modellierten GW-Verteilungen sind erforderlich, um die Reibungskräfte durch die Wechselwirkung der Schwerewellen mit der Hintergrundströmung in der T/I korrekt zu simulieren. Dies ist allerdings auch eine der Hauptunsicherheiten bei der Modellierung der T/I-Region, da bis jetzt eine Validierung dieser Modellverteilungen durch Messungen noch offen ist.